Angeregte Diskussion zum Thema Staat und Kirche

Kirchen sollten sich ihre Projekte nicht länger vom Staat bezahlen lassen

Wenn „linke“ Katholiken mit „linken“ Atheisten und freien Humanisten, wenn Mitglieder von Frei- und Landeskirchen mit aus der Kirche Ausgetretenen über dieses Thema diskutieren, dann kann es nur hoch hergehen. So war es auch Ende Juni bei der Podiumsdiskussion im Haferkasten in Langen. Die eigens aus Berlin angereiste Bundestagsabgeordnete und religionspolitische Sprecherin der LINKEN, Christine Buchholz diskutierte mit dem Sprecher der Landesarbeitsgemeinschaft der Laizisten in Hessen, Michael Janitzki aus Gießen, sowie dem Langener Pfarrer Steffen Held.

Im ersten Teil der Veranstaltung ging es darum, an welchen Stellen denn Kirche und Staat ihre Beziehung zueinander verändern müssten. Während Steffen Held naturgemäß am wenigsten Änderungsbedarf sah und das gute Miteinander sowie die kirchlichen Leistungen für den Staat hervorhob, forderte Christine Buchholz, endlich ernst zu machen mit der im Grundgesetz vorgesehenen Trennung von Staat und Kirche. Michael Janitzki ging mit seinen Trennungforderungen am weitesten, indem er einen laizistischen Staat nach dem Vorbild Frankreichs vorschlug.

Als die Besucher sich mit ins Gespräch einschalten durften, kamen die Themen „kirchliche Kindergärten“ und „Religionsunterricht an staatlichen Schulen“ auf die Tagesordnung. Hier wurde von den über 30 Gästen leidenschaftlich diskutiert – die Rednerliste wurde länger und länger. Für den Moderator, Joost Reinke, keine ganz einfache Angelegenheit, weil sich die Redner zunehmend gegenseitig ins Wort fielen. Ist der Religionsunterricht in der Schule ein unzulässiger Missionierungsversuch an minderjährigen Kindern oder gehört er zum allgemeinen Bildungsauftrag dazu?

Zum Ende hin lief es dann auf das Thema „Geld“ hinaus. Selbst Pfarrer Held räumte ein, dass hier etwas getan werden müsse; weshalb sollten in unserem Land hohe Bischofsgehälter weiterhin vom Staat finanziert werden? Jedes Jahr erhalten die beiden großen Kirchen über eine halbe Milliarde Euro an staatlichen Zuwendungen. Das sei aber, verglichen mit den momentan anstehenden Militärausgaben von über fünf Millliarden Euro, noch verhältnismäßig wenig, erklärte Christine Buchholz.

Die Landesarbeitsgemeinschaft „Christinnen und Christen in Hessen“, die durch einen ihrer Sprecher vertreten war, vertritt eine Mittelposition. Sie fordert eine Neuausrichtung der Kirchen in der Gesellschaft. In ihrem Grundlagenpapier heißt es: „Wir wissen, dass der weltanschaulich neutrale Staat eine große Errungenschaft ist. Doch die laizistische Forderung der Trennung von Staat und Kirche ist unzeitgemäß. Sie wird der gegenwärtigen religionspolitischen Lage nicht mehr gerecht, denn sie befördert nur eine Gegenkultur der Religion neben der Gesellschaft. Die Kirchen müssen aber mit dem kapitalistischen Staat brechen […] Wir brauchen freie Kirchen in einem freien Staat.[1]

Joost Reinke


[1]Vgl. dazu den Rundbrief der Landesarbeitsgemeinschaft Christinnen und Christen in Hessen: „micha.links“ Nr. 2/2017, S. 4.